ORKUS 11/2004

Interview ORKUS (November 2004)

Über keine Liebe von Seiten der Fans können sich Mantus ganz sicher nicht beschweren. Und so bedanken sie sich bei ebenjenen in diesen Tagen mit einer Single/DVD-Doppelveröffentlichung. Ja, ihr habt richtig gelesen � gleich zwei Neuerungen gibt es bei Mantus: zum ersten Male eine Single und zum ersten Male eine DVD! Das musste uns Mastermind Martin Schindler natürlich erklären

Orkus: Fühlt ihr euch nach nunmehr ja doch einigen Jahren Präsenz und einer guten Anzahl an Veröffentlichungen in der Szene etabliert?
Martin: Ich sehe uns selbst als eine Konstante in der deutschsprachigen Musikszene und haben auch das Gefühl, dass wir von den Leuten als fester Bestandteil angesehen werden. In der schwarzen Szene gibt es bestimmt nur wenige Leute, die noch nie von Mantus gehört haben, und durch unsere Arbeit und die Vielzahl an Veröffentlichungen haben wir uns unseren Stellenwert verdient. Mantus wird nach wie vor von der Hörerschaft angenommen, wenn man sich unsere Verkaufszahlen betrachtet, und auch wenn wir noch nicht den ganz großen Durchbruch hatten, so haben wir die Musiklandschaft doch mit geprägt.

Orkus: Ihr veröffentlicht mit Keine Liebe zum ersten Mal überhaupt eine Single, während andere Bands von Anfang an das Konzept Vorab-Single, dann Album fuhren. Warum gab es bisher nie eine Mantus-Single als Vorbote eines Longplayers?
Martin: Solche Entscheidungen liegen nicht immer bei den Künstlern selbst, sondern die Plattenfirmen haben da ein großes Wort mitzureden, und schließlich wird nach ökonomischen Gesichtspunkten entschieden. Der Markt für Singles ist stark rückläufig, und man muss sich überlegen, ob sich solch eine Veröffentlichung wirklich lohnt.

Orkus: Und warum habt ihr euch jetzt entschieden, doch eine Single herauszubringen?
Martin: Mittlerweile haben wir einen Bekanntheitsgrad erreicht, der auch Single-Veröffentlichungen rechtfertigt. Übrigens war auch bei dieser Single/DVD geplant, sie vor dem Album herauszubringen, doch wegen der EFA-Insolvenz hat es sich schließlich anders ergeben.

Orkus: Stand die Entscheidung für Keine Liebe von Beginn der Idee einer Single an fest, oder gab es noch andere Tracks, die in die engere Wahl kamen?
Martin: Keine Liebe ist eines der neuere Stücke, die ich für das Album geschrieben habe. Als feststand, dass wir eine Vorab-Single rausbringen sollten, war eigentlich lange Zeit der Song Sehnsucht dafür vorgesehen.

Orkus: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Alexander Kaschte für den Remix? Kennt ihr euch?
Martin: Also, wir kennen uns nicht wirklich und haben nur einige Male telefoniert. Der erste Kontakt kam zustande, als er mich fragte, ob ich eine Gastrolle für sein Album übernehmen könnte, was ich dann auch gemacht habe. Mit diesem Remix hat er sich quasi dafür revanchiert.

Orkus: Wie gefällt euch der Samsas Traum-Remix? Zeichnet er ebenso wie eure Versionen das Anliegen des Songs nach?
Martin: Remixe können sehr unterschiedlich sein. Manche versuchen, die Stimmung des Originals in anderer Weise zu interpretieren, manche drehen den Originalsong durch den Fleischwolf und erschaffen etwas völlig anderes. Ich kenne wenige Remixe, die wirklich an das Original herankommen. Alex hatte keine Vorgaben und er hat den Song nach seiner Einschätzung uminterpretiert. Herausgekommen ist ein für Mantus untypischer Mix, der trotzdem seinen Platz auf der Single gefunden hat.

Orkus: Kann ein Remix überhaupt jemals das Anliegen des originals genauso gut oder gar besser umsetzen? Hieße das nicht, dass der Künstler, von dem das original stammt, nicht das Optimum für seine Idee gefunden hätte?
Martin: So pauschal darf man die Sache nicht betrachten. Es kommt immer darauf an, was jemand bezweckt, wenn er einen Remix in Auftrag gibt. Generell finde ich, dass sich Rockmusik oder Gitarrenmusik nicht für Remixe eignet, das passt dann eher in den Electro-Bereich. Viele Remixe werden speziell für die Clubs angefertigt, manchmal ist es auch nur Neugierde, was ein anderer Künstler aus dem eigenen Material macht. So gut wie das Original kann ein Remix nicht sein, genauso wenig, wie es Cover-Versionen können.

Orkus: Ist vielleicht demnächst mit einem Mantus-Remix von einem Samsas Traum-Stück zu rechnen?
Tina: Ich denke eher nicht. Bisher habe ich nur Black Heaven-Remixe angefertigt, weil ich denke, das Remixe in den Electro-Bereich gehören. Ich nehme allerdings gerne Aufträge an, deshalb wird es bestimmt noch den einen oder anderen Mix für andere Künstler geben.

Orkus: Sind der Song Draußen und das instrumentale Erwachen exklusiv für die Single entstanden?
Martin: Erwachen ist speziell für die Single entstanden, Draußen ist eines der Stücke, die keinen Platz auf dem Album gefunden haben. Es war mir aber auch zu schade, es einfach unveröffentlicht zu lassen.

Orkus: "Ich habe dich niemals so vermisst, seitdem du fortgegangen bist" (Draußen) abstrakt oder einer konkreten Person gewidmet?
Martin: Dieser Song hat einen sehr abstrakten Text, in dem es um das Verhältnis zur Gesellschaft und den Menschen im Allgemeinen geht. Inspiriert hat mich zu diesem Stück übrigens der Titel des Neubauten-Stückes Draußen ist feindlich, und das könnte auch als Überschrift zu diesem Song gelten. Allerdings suche ich auch in diesem Lied einen Ausweg aus der Isolation und den Weg nach draußen zurück in das Leben, das mich umgibt. Und genau diese Bereitschaft zu diesem Leben vermisse ich an mir selbst.

Orkus: Was hat euch dazu bewogen, eine DVD zu veröffentlichen?
Martin: Da ist so einiges zusammengekommen. Eine DVD ist ein wunderbares Medium auf der Höhe der Zeit, und man sollte das ausnutzen. Bisher sind wir nicht live aufgetreten, und nun haben die Fans wenigstens mal einen visuellen Eindruck von Mantus. Es gab viele Überlegungen, wie wir eine DVD realisieren könnten, und beinahe wäre das ganze Vorhaben am Geld gescheitert, denn im Endeffekt hatten wir kein Budget, weil niemand bereit war, uns dahingehend ausreichend zu unterstützen. Also haben wir die Sache selbst in die Hand genommen und mit kleinen Handkameras und einfachsten Mitteln einige Videoclips produziert. Die Leute mögen es uns verzeihen. Wenn die Qualität der DVD nicht dem MTVIVA-Standart erfüllt, doch dafür wirken die Videos nun sehr persönlich und natürlich auch sehr trahig. Eine Fulltime-DVD wäre mit diesem Mitteln auch nicht vertretbar gewesen, und so haben wir uns für einen Bonus auf der Single entscheiden. Das Ganze war eine Erfahrung wert, wenn es so etwas in dieser Form auch nicht mehr geben wird. Das Problem ist eben, dass man zigtausend Euro in so ein Vorhaben stecken muss, um ein professionelles Resultat zu erzielen. Falls sich unsere Verkäufe verzehnfachen, wird es dann auch professionelle Videos von Mantus geben. (lächelt)

Orkus: Der DVD-Markt im Musikgenre boomt ja derzeit regelrecht. Springt ihr auf einen fahrenden Zug auf?
Martin: Das stimmt, DVDŽs sind groß im kommen, und ich finde es nicht weiter schlimm, wenn Künstler und Plattenfirmen diesen Markt für sich gewinnen wollen. Wenn CD-Verkäufe um 50 Prozent zurückgehen, muss man eben sehen, wo man bleibt, um überhaupt noch weiter existieren zu können. Darüber hinaus ist eine DVD ein wirklich geeignetes Medium, um sich als Künstler zu präsentieren und den Leuten viel für ihr Geld zu bieten.

Orkus: Haben euch die Videodrehs Spaß gemacht?
Martin: Die ganze DVD-Sache hat Spaß gemacht, auch gerade deshalb, weil es eine neue Erfahrung war. Wie auch in dem Teil "Hinter den Kulissen" zu sehen, hatten wir extreme Probleme mit Joggern und Fahrradfahrern, die ständig durchs Bild huschten und uns die Aufnahmen versaut haben. Und im Ganzen hat man ständig Probleme, wenn man ohne Drehgenehmigung, ohne Drehbuch und ohne Budget filmt, weil man oft auf den Zufall angewiesen ist.

Orkus: Widmet ihr euch derzeit auch wieder verstärkt Black Heaven?
Martin: Ja, wir haben in den letzten Monaten verstärkt an dem neuen Black Heaven-Album gearbeitet, welches im November veröffentlich werden soll. Auch dieses Release wird als Doppelalbum erscheinen, wobei auf der zweiten CD etwas ganz Besonderes zu finden sein wird, nämlich einige Mantus-Klassiker, die im Black Heaven-Gewand neu bearbeitet wurden. Das neue Album ist komplett deutschsprachig gehalten und das Resultat einer Weiterentwicklung auch bei Black Heaven. Ich bin jetzt schon sehr gespannt auf erste Reaktionen, da musikalisch wie auch textlich einige neue Einflüsse zu verzeichnen sind.